Hallo liebe Argonauten-Freunde,
Ich heiße Johannes und wurde im August 2013 geboren, also in der AGO – Steinzeit. Mir hat es in meiner Mutter so gut gefallen, dass ich mich so verkeilt hatte, dass eine normale Geburt nicht möglich war – also wurde ich mit einem Notkaiserschnitt geboren.
Ich war zwar klein und schmächtig, das Atmen war aber kein Problem, dass mit dem Saugen war sehr schwer für mich. Einzig der unendlichen Geduld meiner Mutter war es zu verdanken, dass ich genügend Muttermilch zu mir nahm. Vielleicht haben die Ärzte zu diesem Zeitpunkt schon geahnt, dass „etwas nicht stimmt“, gesagt hat aber keiner etwas. Nach einer Woche durfte ich das Krankenhaus verlassen.
Meine Eltern waren überglücklich, sie hatten alles erreicht was sie sich vorgenommen hatten. Ihre Ausbildungen waren abgeschlossen, sie hatten ein schönes Haus gekauft und schließlich kam ICH zu Ihnen.
Die nächsten sechs Monate waren wohl die schönsten und glücklichsten für uns drei. Sie sahen mich immer durch eine „rosa Brille“, sie sahen oder wollten es nicht sehen, dass mein Muskeltonus viel zu niedrig war, dass ich nicht adäquat trinken konnte, dass ich eine ganze Spielfilmlänge brachte um satt zu werden, dass ich nur ungenügend zunahm. Auch meine restliche Entwicklung war nicht in Ordnung. Mit sechs Monaten, bei einer Routine Kontrolle, eröffnete uns unser Kinderarzt, dass mit Johannes wohl etwas „nicht stimmt“.
Damit begann meine Reise als Argonaut, unbemerkt, inkognito. Meine Reise führte mich zu vielen Ärzten, vielen klinischen Untersuchungen, vielen Blutabnahmen, vielen genetischen Untersuchungen, aber niemand konnte etwas finden. In den ersten Jahren war mein niedriger Muskeltonus das führende Symptom, ich konnte nicht alleine sitzen, nicht alleine essen, selbst das Fläschchen mussten mir meine Eltern halten. Einmal pro Woche kam eine Frühförderung ins Haus, dann begann ich Physiotherapie, Ergotherapie, Logotherapie ,…
Neben dieser Problematik wurde ich zum Vampir. In der Nacht war ich wach, schrie wie von Dämonen besessen, an schlafen war für meine Eltern nicht zu denken, saugte so meinen Eltern den Lebenssaft aus ihren Adern. Ich selber hatte so viel Angst vor dem Schlafen, dass ich schon beim Betreten des Kinderzimmers zu weinen begann.
Mit rund zweieinhalb Jahren hatte ich das erste Mal einen fokalen Krampfanfall. Im Kindergarten betreute mich eine eigene Pädagogin, immer viele Matten um mich und immer ein Notfallmedikament dabei.
Meine Eltern ließen den Kopf aber nicht hängen. Wir gingen regelmäßig auf Reisen. Egal ob Italien am Sandstrand, Kroatien oder Korsika. Mit dem „Wandertragerl“ am Rücken meines Papas erkundete ich die Welt. Sei es die Macchia in Korsika, der 2000er in Südtirol, sei es im Kindersitz im Auto oder im Flugzeug – es war nicht ganz einfach, aber wir hatten Spaß und wuchsen als Familie so richtig zusammen. Meine Eltern mussten mich füttern, trinken konnte ich schon alleine, für das Gehen war ich anfangs noch viel zu schwach.
Von neurologischer Seite her begann ich Absencen zu entwickeln, ich verdrehte meine Augen nach oben und war kurz nicht ansprechbar. Von nun an bekam ich regelmäßig Medikamente; nicht leicht für meine Eltern einem Dreijährigen zu erklären der nicht sprechen kann und es nicht versteht, er soll ein bitteres Medikament schlucken. Zu diesem Zeitpunkt war es nicht schlecht, dass mein Vater sich mit Medikamenten auskennt, vor allem die fürs Schlafen. Nach einigen Telefonaten und einer sehr hilfsbereiten Apotheke wurde ein orales Medikament als Zäpfchen zubereitet (meine Anfälle wurden weniger, auch konnte ich in der Nacht wesentlich besser schlafen). Meine Anfälle konnten gut eingestellt werden und ich begann auch mit Hilfe zu gehen. Mit rund 7 Jahren machte ich meinen Eltern und dem Kindergarten zum Abschluss ein besonderes Geschenk, ich machte meine ersten Schritte - alleine!
Leider währte diese Freude nur kurz.
Meine Absencen wurden wieder mehr und vor allem verlor ich bei jedem Anfall vollkommen meinen Muskeltonus, ich viel ungebremst zu Boden, hat mir viel Beulen und Hämatome eingebracht. In der Zwischenzeit war ich in einer Spezialambulanz für Epilepsie angelangt, wieder neue Medikamente, die leider immer noch nicht wirken. Meine Eltern arbeiten jetzt Teilzeit, so haben sie mehr Zeit für mich, aber auch mehr Zeit für sich selber, um wieder Kräfte zu sammeln.
Ich war zu einem stattlichen Buben herangewachsen, auch wenn ich nicht sprechen kann, meinen Kopf kann ich durchsetzen. Ich muss meistens gefüttert werden, trinken funktioniert sehr gut. Entweder ich sitze in meinem Kinderwagen oder ein Erwachsener hält mich fest an der Hand. An schlechten Tage habe ich über 100 Anfälle.
Ende 2021 bei einer Kontrolle hat mir meine behandelnde Ärztin eröffnet, dass bei einer wiederholten genetischen Untersuchung möglicherweise etwas gefunden wurde. Am 23.02.2022 um 10:00 Uhr habe ich dann einen Zwischenstopp meiner Reise eingelegt.
Ich lüfte mein Geheimnis und gebe mich als Argonaut zu erkennen. Meine Reise nimmt jetzt erst richtig Fahrt auf, ich bin auf der Suche nach weiteren Argonauten mit denen ich meine Erfahrungen teilen kann, die ich möglicherweise treffen kann, mit denen ich spielen kann.
Johannes