Zunächst müssen wir verstehen, welche Mutationen zu einem Funktionsgewinn des Proteins (GOF) und welche zu einem Funktionsverlust (LOF) führen, denn die therapeutischen Strategien sind entgegengesetzt: bei GOF wird das mutierte Protein gestoppt, bei LOF wird das gesunde Protein vermehrt.
Wir wollen die folgenden Strategien verfolgen, um Behandlungen zu finden:
AGO2-Protein: "Repositionierung" bestehender Medikamente oder Suche nach neuen kleinmolekularen Medikamenten
AGO2-RNA: Spleiss-Antisense-Oligonukleotid (ASO)
AGO2-DNA: Genersatztherapie und Gen-Editierung
Ein besseres Verständnis a) der Krankheitsmechanismen und b) der Art und Weise, wie sich die Krankheit präsentiert, welches wir in unseren früheren Phasen gewonnen haben, wird die Entwicklung von therapeutischen Ansätzen stark leiten.
Auf dieser Seite erfahren Sie mehr über die drei Ansätze und warum wir an sie glauben.
Da wir noch nicht wissen, welche Strategie am besten funktionieren wird, werden wir diese Strategien parallel verfolgen.
Therapeutische Ansätze
Protein-Therapie
Kleinmolekulare Medikamente zur Reduktion oder Steigerung der Produktion oder Aktivität von AGO2, beginnend mit einem Screening bereits zugelassener oder entwickelter Medikamente auf off-Target-Effekte
Was ist es? Die meisten auf dem Markt befindlichen Arzneimittel sind kleine Moleküle. Die Umnutzung eines bestehenden Medikaments mit bisher unbekannter Wirkung auf diese Krankheit kann der schnellste und billigste Weg zur Behandlung sein. Unser Ziel ist es, Medikamente auf off-Target-Effekte auf AGO1 oder AGO2 direkt, oder vor- oder nachgeschaltete biologische Prozesse, in von Patienten abgeleiteten Modellsystemen zu untersuchen.
Kann es funktionieren? Für eine seltene, genetisch bedingte, schnell alternde Krankheit hat eine Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, der Industrie und der Progeria Research Foundation erfolgreich ein neu entwickeltes Medikament auf den Markt gebracht (FDA, Progeria Research Foundation). Auch andere seltene Krankheiten haben mit tollen Resultaten klinische Studien gestartet oder sind nahe dran (PMM2-CDG, SLC6A1).
RNA-Therapie
Bei Funktionsgewinn, Ausschalten der Produktion des mutierten Proteins. Bei Funktionsverlust, hochregulieren der Produktion des gesunden AGO1/2 mit einem Antisense-Oligonukleotid (ASO) oder einem ASO für regulatorische Elemente.
Was ist es? Antisense-Oligonukleotide (ASO) sind eine neue, vielversprechende Art von Medikamenten, die auf spezifische Gendefekte abzielen. Diese Medikamente schalten entweder mutierte Proteine aus oder korrigieren das reduzierte Vorkommen des funktionellen Proteins im Körper. ASOs sind synthetische Ketten von Nukleotiden - dem Material, aus dem unsere Gene bestehen -, die an eine komplementäre Ziel-mRNA binden, welche ein Zwischenprodukt zwischen Gen und Protein ist, und so die Genexpression regulieren (kommt Ihnen das bekannt vor?). Um die Genexpression auszuschalten, wird ein ASO produziert, das die mutierte AGO1/2 mRNA erkennt und zerstört. Um die Expression von AGO1/2 mit ASOs hochzuregulieren, können wir entweder einen Ansatz verfolgen, der das mRNA-Spleißen moduliert, wie er kürzlich von Stoke Therapeutics für andere Funktionsverlustmutationen veröffentlicht wurde, oder einen Ansatz, der auf regulatorische Elemente abzielt.
Kann es funktionieren? Spinraza, ein spleißmodifizierender ASO zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie (SMA), wurde 2016 von der FDA zugelassen. Das ASO von Stoke für das Dravet-Syndrom (das den oben erwähnten Ansatz verwendet) befindet sich nun in der klinischen Erprobung, ebenso wie Knock-out-ASOs, z. B. für das Angelman-Syndrom. Die Arbeit von Stoke Therapeutics identifiziert bereits ein Spleiß-Target für AGO2! Mit den Kovid-Vakzinen ist die mRNA-Therapie im Allgemeinen ins Rampenlicht gerückt, und da sie maßgeschneidert auf ein Gen ausgerichtet werden kann, ist sie für seltene Krankheiten äußerst vielversprechend.
DNA-Therapie
Hinzufügen einer funktionsfähigen Kopie von AGO2 (AAV-vermittelte Gentherapie) oder Korrektur der Mutation (CRISPR Base Editing). Ersteres hilft nur bei einem Funktionsverlust.
Was ist es? Dies ist eine Heilung. Bei der Gentherapie wird dem Körper dauerhaft ein neues, funktionsfähiges Gen zugeführt (z. B. durch das Adeno-assoziierte Virus 9 (AAV9) vermittelte Gentherapie) oder die Mutation korrigiert (CRISPR Base Editing). Mehr über das Konzept der Gentherapie erfahren Sie bei der FDA oder in diesem kurzen Video (Englisch), das für die Spinale Muskelatrophie (SMA) erstellt wurde. Dieser Ansatz stellt eine dauerhafte Lösung dar und ist der schwierigste Ansatz. Zu den Herausforderungen gehören die Erreichung des Gehirns und die Vermeidung von Immunreaktionen auf die Behandlung.
Kann es funktionieren? In einm Durchbruch genehmigte die FDA 2017 eine Gentherapie für eine seltene Form der vererbten Blindheit und 2019 die AAV9-basierte Gentherapie Zolgensma von Novartis für SMA. Die Patientenorganisation SMA spielte bei der Entwicklung eine entscheidende Rolle, indem sie die präklinische Forschung finanzierte und klinische Studien unterstützte. Eine AAV-basierte Gentherapie für Duchenne-Muskeldystrophie befindet sich derzeit in der letzten Phase der klinischen Versuche. Das CRISPR-basierte Gene Editing steckt noch in den Kinderschuhen; die ersten Versuche am Menschen, die auf das Auge oder die Leber abzielen, haben gerade erst begonnen. Um diesen Bereich voranzutreiben, hat das US National Institute of Health die Mittel für das Genome Editing beim Menschen aufgestockt. Die FDA geht davon aus, dass sie 2025 jährlich 10-20 Gentherapien zulassen wird.